Vielen Menschen ist das suspekt, eine reine Männergemeinschaft, Alkohol ist im Spiel, Waffen, Uniformen, … was hat es eigentlich auf sich mit dieser Schützenkameradschaft?
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“
(Wilhelm von Humboldt)
Also schauen wir in die Anfänge der Schuetzengilden zurück. Damals war der Zusammenhalt dieser, aus der Not entstandenen, Solidargemeinschaften für die Menschen überlebenswichtig.
In den Bürgerwehren ,welche die Städte und Dörfer verteidigten, aber auch in den Bruderschaften ging es um den Überlebenskampf in Zeiten von Kriegen, Plündereien, Elend, Hungersnöten, Pest und Seuchen.
Die Menschen standen eng zusammen, halfen und kümmerten sich, teilten Hab und Gut, sorgten letztlich für eine ordentliche Beerdigung. Das war kein Spiel – und schon gar kein Hobby.
Über Jahrhunderte hat sich dieses Miteinander gehalten, Verbindungen sind daraus entstanden und gewachsen.
Schützen sind das älteste Netzwerk überhaupt, aber weder materiell noch machtpolitisch besessen – der Mensch und das Miteinander stehen im Mittelpunkt.
Das ist Lebenseinstellung und ebenfalls kein Hobby.
Wertschätzendes Miteinander als Grundlage
In Protokollen aus der Nachkriegszeit, bis hinein in die Zeit des Wirtschaftswunders, lesen wir noch von Vatertagsausflügen zum Rheinufer. Man freute sich und genoss das Miteinander.
Das war keine Selbstverständlichkeit, zu viele Freunde und Kameraden waren im Krieg geblieben.
Von Maßnahmen zur Hilfe untereinander, von Wertschätzung, von Aktivitäten und Zusammenhalt wird in diesen Aufzeichnungen berichtet.
Doch soziales Miteinander, soziale Aktivitäten für Andere wurden in Zeiten des Wirtschaftswunders eher überflüssig. So verkniff man sich verschämt darüber zu reden, was sich hinter den Kulissen der Schützengemeinde wirklich tat.
Hin zur Feiergemeinschaft
Daraus resultiert die Tatsache, dass die Schützen nur noch als Feiergemeinschaft wahrgenommen wurden und teilweise auch entsprechend den Zulauf erhielten.
Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Wir kämpfen heute nicht mehr um unser Überleben, folglich haben diese Notgemeinschaften an Bedeutung verloren.
Auf der Suche nach Besinnung, Veränderung, Orientierung
Heute ist unsere Gesellschaft, und damit auch unsere Vereine, in einem Umbruch.
Wohin wollen wir? Immer mehr? Immer weiter, höher, schneller? Immer mehr Spaß?
Viele von uns erkennen das wir damit an die Grenzen kommen, viele andere besinnen sich, suchen Sicherheit und Berührungspunkte.
Viele Menschen – insbesondere Jüngere – sind verunsichert, suchen Halt und Orientierung.
Wir erkennen, dass es die früher geglaubte Sicherheit nicht gibt, phasenweise steht die Welt am Abgrund.
Die Wertevorstellungen der Menschen hat sich rapide gewandelt, materielles Denken hat zugenommen, Religion und Glaube auf dem Abstellgleis.
Die Gedanken der Wegwerfgesellschaft nehmen auch Einfluss auf ethische Werte.
Gesellschaftliche Einflüsse wirken im Schützenwesen
Auch das Miteinander der Schützen ist davon nicht verschont geblieben. Das Kümmern und Sorgen um- und füreinander ist nicht mehr alltäglich.
Es ist nicht mehr Normalität sich auf die regelmäßigen Zusammenkünfte zu freuen.
Manch Einem ist es lästig, manchmal auch zu teuer, auch unsere Arbeitswelt hat sich verändert und beansprucht menschliche Ressourcen.
Fragen wie „wie geht es dir?“ oder „wie kann ich Dir helfen?“ werden seltener und es gibt nicht wenige Schützen, die nicht einmal wissen was ihre Kameraden beruflich machen oder wie es deren Familien geht.
Umgekehrt werden von den Einzelnen berufliche oder private Probleme totgeschwiegen, Krankheiten oder finanzielle Schwierigkeiten ebenso.
Das Bild nach Außen muss gewahrt werden - und letztlich fühlt man sich allein gelassen.
Aus einem Miteinander ist vielfach ein Nebeneinander geworden. Witwen, Alte und manchmal Kranke bleiben Außen vor.
Erschwerend kommt hinzu: die Zeit der Firmengründer mit Authentizität und wertschätzender Führung ist längst vorbei.
In der Arbeitswelt gilt der Mensch vielfach nur noch als Mittel zum Umsatz, Hierarchien von oben herab, Druck der weitergegeben wird.
Das überträgt sich auch auf Gemeinschaften der Arbeitswelt, weil man es nicht anders kennengelernt hat.
Wohin wollen wir? Wohin gehen wir?
Es sollte eigentlich nur eine Richtung geben, dabei sollen Freude, Spaß und Frohsinn nicht ausgeschlossen sein: wertschätzendes Miteinander mit Tugenden wie Hilfsbereitschaft, Treue, Aufrichtigkeit, Toleranz, Mitgefühl zu leben.
Vielleicht auch vorzuleben, in einer Zeit, wo manches in Vergessenheit gerät.
Vielleicht ist es auch irgendwo Aufgabe der Schützen, dieses Quäntchen Menschlichkeit zu bewahren, zu pflegen und weiterzugeben.
Wir wollen Menschlichkeit, Miteinander und Kameradschaft pflegen und bewahren!
Es ist das wertvollste aus vielen hundert Jahren Schützentradition und wir wollen das in die heutige Zeit transferieren und auch deutlich zeigen.
Rene Krombholz