Vielen Menschen, selbst Brauchtumsfreunden ist gar nicht bewusst, wie schlecht und schwierig es um Veranstaltungen wie Volksfesten, Karneval, Schützenfesten oder anderen Traditionsveranstaltungen steht.
Probleme vielfältiger Art
Es sind nicht nur die rückläufigen Zahlen bei Besuchern oder Mitgliedern, die im deutlichen Kontrast zu den stark gestiegenen Kosten in allen Bereichen stehen und Sorgen machen.
Im Blickpunkt stehen auch Aufgaben und Verantwortung, die langsam keiner mehr übernehmen will.
Die Regulierungswut der Behörden ist ebenso stark angestiegen, wie die Zahl der gesetzlich vorgeschriebenen und einzuhaltenden Vorschriften und Maßnahmen.
Da soll eine Schule einmalig als Übernachtungsmöglichkeit für eine Jugendveranstaltung genutzt werden, was den Neubau einer Feuertreppe erfordert, Kosten 25.000 €.
Da sollen für den Karnevalsumzug in einer Kleinstadt mehrere hundert Meter Straße mit Barrieren versehen werden, Kostenpunkt 14.000Euro.
Für den Martinszug in ländlicher Gegend soll plötzlich ein Hubschrauberlandeplatz geschaffen werden.
Das sind Vorgaben, die nicht nur Kopfschütteln hervorrufen, sondern auch große Summen an Geld verschlingen.
So werden Veranstaltungen zu einem Risikospiel für die Verantwortlichen, welche die Verantwortung tragen, haftbar sind und hierdurch oftmals mit einem Bein im Gefängnis stehen.
Gesellschaftliche Entwicklung
Als sei Dieses alles nicht genug, kommen die Folgen der Pandemie und der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre hinzu.
Nachwuchs fehlt an allen Stellen in allen Vereinen. Auch hier hinterlässt die Pisa-Studie Spuren. Jugendliche und Schüler, die nicht wissen was ein Osterfest bedeutet, kennen auch nicht die soziale Bedeutung von Vereinen.
Sie wissen nichts über die sozialen Aspekte, aber auch Leistungen um das Allgemeinwohl von Schützenwesen und Karneval.
Lob und Tadel aus der Politik
Das allerdings ist kein Wunder, denn das meiste hiervon ist selbst in der Politik unbekannt.
Was bei den Politikern heute noch ein Axelzucken (wenn überhaupt) hervorruft, nämlich die Frage um das Überleben der Vereine und die Forderung nach Änderungen, kann morgen schon zum Desaster werden.
Vereine sind der Kitt dieser Gesellschaft, fördern den Zusammenhalt, daß Miteinander und Verstehen, entgegen der Entwicklung von Einsamkeit, Anonymität und Verrohung der Gesellschaft.
Brauchtum ist durchweg Ehrenamt.
Erfolgt dieses in Zivil (Schützen oder Karnevalisten tragen ihre Uniformen nur bei öffentlichen Veranstaltungen) ist es willkommen.
Da werden ein parlamentarischer Abend oder eine Ehrenamtskarte ins Leben gerufen, um dieses Engagement zu loben und zu fordern.
Erfolgt die gleiche Tätigkeit in traditionellen Uniformen, sieht dieses ganz anders aus: Ein Originalzitat der LINKEN, entstanden aus einer Stadtratssitzung in Düsseldorf:
„ Uniformierte Männer, die im Gleichschritt durch die Straßen ziehen.
Dabei fließt sehr viel Bier und abends können diese Herren nicht mehr gerade gehen.
Das Ganze wird begleitet von Marschmusik, die ihren Ursprung in den Kriegen des 18. und 19. Jahrhunderts hatte.
Der Höhepunkt der Schützenzüge ist dann das Schießen, also Gewaltverherrlichung durch Waffen.
Mädchen lernen, dass sie nur Begleitung sein können. Alkoholkonsum, Marschieren und Schießen ist nur was für Jungen und Männer.
Auch haben Migranten und Homosexuelle, und alles, was nicht typisch deutsch ist, hier kaum Aussicht auf Integration.
Dieses Brauchtum lässt sich kaum mehr in unserer heutigen Lebenswelt vermitteln.
Diese Dinge fördern somit nicht das gemeinsame Leben und Wohnen in unserer Stadt.“
Leistung nicht anerkannt
Das ist nicht nur falsch, sondern auch diskriminierend. Das hat mit den erbrachten Leistungen des Brauchtums nichts zu tun und ist widerlegbar.
Wo bleiben Respekt, Toleranz und Miteinander in einer solchen Politik, welche es sich zum Ziel gesetzt hat, die Menschen zusammenzuführen?
Der Karneval spült jährlich unglaubliche Summen in die Steuersäckel der Kommunen. Volksfeste, so wie die größte Kirmes Rhein, von Schützen organisiert ebenfalls.
Das Schützenwesen sendet eine monatliche Wertschöpfung in Höhe von 72 Millionen €uro, die durch ehrenamtliche Leistungen, Geld oder Sachspenden erbracht werden, in Richtung Allgemeinwohl.
Brauchen wir das alles nicht mehr?
Das Brauchtum im Niedergang?
Wer die Karnevalumzüge 2023 miterlebt hat wird festgestellt haben, die Zahl der Musikkapellen war drastisch reduziert. Viele Musikkapellen haben sich während Corona aufgelöst.
Die Reisekosten für solche Gruppen und deren Unterbringung ist dramatisch gestiegen und vielfach nicht mehr finanzierbar.
Karneval im Viertel? Auch das gehört langsam der Vergangenheit an. Künstler oder Musikzüge, die durch die Kneipen ziehen, sind ebenso Rarität geworden wie Kneipen oder Vereinslokale.
Selbst die Zahl der Zeltwirte ist drastisch geschrumpft. Der Fachkräftemangel trägt sein Übriges zu der Situation bei.
Dazu die wirtschaftliche Situation in unserem Land, welche vielen Menschen Sparzwänge auferlegt und als Gegenwehr mehr Arbeit erfordert.
Immer weniger Zeit für Familie, Kinder, Verein. Wenn Abendveranstalungen starten, müssen heutzutage noch viele Menschen arbeiten.
Die Bürger protestieren zunehmend. Schützenumzüge können nicht marschieren, weil die unterbesetzte Polizei mit einer Vielzahl von Demos beschäftigt ist.
2023 wurden etliche Karnevalsumzüge abgesagt, weil die behördlich vorgegebenen Hürden unüberwindbar waren.
Die Zukunft von Karneval, von Schützenfesten und Martinszügen, von Veranstaltungen wie Landshuter Hochzeit oder Further Drachenstich ist ebenso in Frage gestellt, wie die Existenz der zugehörigen Vereine, dies hier ehrenamtlich agieren.
Was bleibt uns dann?
Ein gesellschaftliches Leben ohne Höhepunkte, Feste und Zusammenhalt?
Minimiert auf eine konsumierende und gleichgeschaltete, gehorsame Gesellschaft?
Wollen wir das?
Soll das Brauchtum überleben, dann erfordert es die Anstrengung Aller!
Die Verantwortung hierfür an die Politik zu delegieren, das hätte fatale Folgen.
Für Unterstützung in der Corona-Zeit gilt es den Verantwortlichen Danke zu sagen.
Die Politik allein wird das Brauchtum aber nicht retten können. Zum einen, weil es auch dort konträre Bewegungen gibt, vor allen Dingen aber, weil in dieser Zeit der globalen Veränderungen und Krisen weit wichtigere Aufgaben zu bewältigen sind.
Die Nachwuchsarbeit zu intensivieren, das ist eine der Möglichkeiten, um dem Traditionsgedanken und Ehrenamt wieder ein Fundament zu verschaffen.
Ein gutes Beispiel ist das Kinder OLS in den Niederlanden.
Persönlich ist mir die international hervorragende Zusammenarbeit in der EGS bekannt.
Es stellt sich als Vorteil heraus, dass man die traditionelle Ausrichtung und Eigenarten der nationalen Verbände erhält und respektiert, statt alles zu vereinheitlichen.
Leider ist das nicht die Normalität
Neid, Rivalität und Missgunst – leider gibt es diese Tribute auch unter Vereinskameraden:innen.
Sogar hin bis zum Streit, zur üblen Nachrede, zur Denunziation. Alles ist menschlich – aber eben auch unproduktiv und vor allen Dingen de-motivierend.
Wohl wissend, dass es auch gute Zusammenarbeit zwischen Schützen und Karnevalisten gibt, nehme ich einmal den närrischen Zapfenstreich in Düsseldorf als Beispiel dafür, woran es oftmals mangelt.
Ursprünglich als Schlüsselübergabe zwischen Winter- und Sommer Brauchtum angedacht, ist es heute eine Veranstaltung der närrischen Fraktion geworden.
Warum? Weil die Schützen an der Basis von Beginn an diese Zusammenarbeit ignoriert und nicht teilgenommen haben.
Wollen wir etwas bewegen – dann müssen WIR uns bewegen.
Das Brauchtum braucht jetzt das Engagement und den Einsatz eines jeden Einzelnen.