Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9881 - letzte Aktualisierung: Sonntag 07.04.2024

Einstehen für Glauben und Werte

Manche Dinge, Tage, Ereignisse, gleichen sich und rufen Vergangenes in Erinnerung.



So wie bei mir, die Ereignisse in der Ukraine lassen das Geschehen zum jähen Ende des Prager Frühlings 1968 wach werden.

20/21 August 1968. Die Meldungen überschlagen sich, Europa in Alarmbereitschaft und meine Großmutter in Prag.
Mit jungen 18 Jahren zögert man nicht lange und so startete ich als Führerschein-Neuling in einer wahnwitzigen Fahrt in Richtung CSSR.
Den Kofferraum voll gepackt mit 200 l Sprit, keiner wusste was uns erwartet, ob tanken möglich und die Grenze noch geöffnet war oder wie wir wieder zurückkommen sollten.

Auf dem Weg in Richtung Süden überholten wir ohne Unterlass Truppen der NATO, die sich mit uns in Richtung Grenze bewegten.
Es war noch die Zeit des kalten Krieges und wir wussten war passieren konnte – die Angst fuhr mit.

In Prag selbst Chaos, Tränen und verzweifelte Menschen, Panzer und Schießereien, Trümmer, Feuer, Gewehrsalven, Tote auf dem Wenzelsplatz.
Von daher kann ich – auch über 50 Jahre später - sehr gut nachempfinden, wie es den Menschen in der Ukraine heute gehen mag.
Das macht traurig und wütend zugleich

Nach einer langen Irrfahrt zwischen russischen Kontrollen und Truppenbewegungen, gelangten wir wieder nach Deutschland wo die Erlebnisse auf redaktionelles IInteresse stießen.
Das war 1968 die erste Publikation, bei der ich damals mit wirkte. Wir hatten viel Material mitgebracht, Briefe für Angehörige im Westen, Fotos und ebenso viele einprägende Statements der Tschechen.

„Traut den Russen nicht, wenn sie den Mund aufmachen, lügen sie“ - das war der Satz, mit dem der Zeitungsbericht endete und für den ich mich lange schämte.
Abgesehen davon, dass auch bei uns Menschen (und auch Politiker) lügen, sollte man solche Dinge SO nicht verallgemeinern.
Auch wenn sich das jetzt bei Putin bewahrheitet hat.

Mittlerweile glaube ich, dass wir lernen müssen, manche Dinge anders zu sehen.
In meiner Schulzeit wurde uns beigebracht, dass andere Länder und andere Kulturen „anders“ sind.
Andere Maßstäbe, andere Wertvorstellungen und dadurch auch andere Verhaltensweisen, so lernten wir es und- das es nicht immer passt.

Wir, im modernen Westen, halten uns für das ‚non plus ultra‘ an Demokratie und Freiheit und Lebensform.
Wir predigen Toleranz, Geduld, Verständnis, werden aber nicht immer so unbedingt ernst genommen, denn wir tolerieren alles, treten aber für unsere Werte und Wertvorstellungen nicht ein.
Wir müssen lernen auch zu fordern wenn wir geben.

Wir müssen nicht alles dulden und tolerieren, sondern fest zu unseren Werten, Traditionen und Vorstellungen stehen.
So sagte es auch Karl von Habsburg in seiner Festrede während des rheinischen Schützentages in Dormagen.

Nicht nur das. Otto von Habsburg gab 2002 in einem Interview mit der ZEIT folgendes Statement über Putin ab:
16.11.2002

"DIE WELT: Sie misstrauen Präsident Putin?

Otto von Habsburg: Er hat offensichtlich ein nationalsozialistisches System aufgebaut. Natürlich nicht im Sinne Hitlers, denn es ist kein Rassismus dabei. Aber es ist etwas anderes, vielleicht noch Gefährlicheres: erstens ein extremer Militarismus und zweitens eine Kombination aus extremem Nationalismus und dem Willen zu weiterer Expansion."

(Quelle: Thomas Wilhelm Schwarzer )

Jetzt ist das Kind mit viel Gutmütigkeit in den Brunnen gefallen, der Westen hat einiges dazu beigetragen.
Sanktionen und Maßnahmen werden jetzt getroffen, wie weit sie erfolgreich sein werden, bleibt mehr als zweifelhaft.

Ganz im Gegenteil, die Drohgebärden aus dem Osten werden deutlicher und lauter.
Jetzt hilft nur noch hoffen, beten und bangen - und wir müssen uns fragen, warum wir die Freiräume, die jetzt von Putin und Konsorten genutzt werden, zugelassen haben.

Rene Krombholz