Zwischen Tradition, Verantwortung und öffentlicher Wahrnehmung
Das Schützenwesen steht wieder einmal im Rampenlicht – leider nicht aus den Gründen, die sich Verantwortliche und engagierte Mitglieder wünschen. Statt Anerkennung für ihr soziales Engagement und ihre kulturelle Arbeit sehen sich viele Schützen mit Vorurteilen und pauschaler Kritik konfrontiert. Die jüngsten Ereignisse rund um das Neusser Schützenfest haben eine Debatte entfacht, die weit über den Einzelfall hinausgeht.
Zwischen Brauchtum und öffentlicher Kritik
Das Sommerbrauchtum lebt von Gemeinschaft, Tradition und ehrenamtlichem Einsatz. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung wird der Begriff „Schütze“ oft auf das Bild des „schießwütigen Kameraden“ reduziert – ein Klischee, das dem tatsächlichen Engagement der Schützenvereine nicht gerecht wird. Die Realität sieht anders aus: Schützen organisieren Feste, pflegen Traditionen, fördern den Nachwuchs und leisten wertvolle Beiträge zum Gemeinwohl. Leider bleibt dies in der medialen Berichterstattung oft unbeachtet.
Medien und Sensationslust
Die Medien greifen bevorzugt zu negativen Schlagzeilen. So auch im Fall einiger Jungschützen, die – offenbar alkoholisiert – durch unangemessenes Verhalten auffielen. Sexistische Äußerungen gegenüber Frauen werfen ein schlechtes Licht auf das gesamte Schützenwesen. Dabei ist solches Verhalten keineswegs repräsentativ für die Werte, die Schützen sich auf die Fahne geschrieben haben: Respekt, Zusammenhalt und Verantwortung.
Gesellschaftlicher Wandel und neue Sensibilität
Der Umgang zwischen den Geschlechtern befindet sich im Wandel. Die Zeiten dominanter Männergesellschaften sind vorbei, und mit dem gesellschaftlichen Bewusstseinswandel wächst auch die Sensibilität für respektvolles Miteinander. Das bedeutet: Verhalten, das früher als „locker“ galt, wird heute kritisch hinterfragt – zu Recht. Doch auch hier gilt: Pauschalisierungen helfen nicht weiter. Fehlverhalten muss benannt und sanktioniert werden, ohne dabei ganze Gruppen zu verurteilen.
Was will ich? Schützenverein oder Fetenqlique?
Diese Frage muss sich jeder stellen, der Teil eines Schützenvereins ist – besonders in der heutigen Zeit. Will ich mich einbringen, Tradition leben und Verantwortung übernehmen? Oder suche ich nur die nächste Party? Denn klar ist: Auch in Mädelsgruppen geht es manchmal hoch her. Fehlverhalten ist kein exklusives Phänomen einer bestimmten Gruppe oder eines Geschlechts. Entscheidend ist, wie man damit umgeht – und ob man bereit ist, daraus zu lernen.
Verantwortung übernehmen – jetzt erst recht
Schützen stehen heute mehr denn je im öffentlichen Fokus. Das verpflichtet – besonders den Nachwuchs – zu reflektiertem Verhalten. Es braucht klare Gespräche, präventive Maßnahmen und eine Stärkung des Bewusstseins für die Werte, die das Schützenwesen ausmachen.
Denn nur wer sich seiner Verantwortung bewusst ist, kann Tradition glaubwürdig in die Zukunft führen.
Was lernen wir daraus?
Es braucht mehr als Uniform und Tradition – es braucht Haltung. Die Frage „Was will ich sein – Schützenbruder oder Teil einer Fetenclique?“ bekommt hier eine neue Tiefe. Kameradschaft zeigt sich nicht im Mitfeiern, sondern im Mittragen von Werten. Und vielleicht ist es an der Zeit, dass auch innerhalb der Gruppen mehr Offenheit herrscht, um solche Themen ehrlich zu besprechen.