Die Aktivität von Frauen in Schützenvereinen kann gar nicht genug gewürdigt werden!
Das war jedenfalls das Fazit aus der Festrede der Schirmherrin zum 64. BHDS Königinnentag in Köln Stammheim.
In einer flammenden Rede schilderte die Prinzessin den Weg der Schützenfrauen von den Ursprüngen bis in die heutige Zeit.
(die ganze Rede finden Sie am Ende des Beitrags - wir danken dem BHDS für die gute Zusammenarbeit an dieser Stelle)
Auch wenn es so manchen männlichen Schützen nicht passt: Frauen standen bereits in der Zeit der Bürgerwehren ihren Mann - und zwar an der Seite der Männer.
Bis in die heutige Zeit hinein sind sie Wegbereiter, Platzhalter und Mädel für alles, ohne deren Hilfe dieses Brauchtum aktiv nicht mehr funktionieren würde.
Nicht nur das! Frauen sind es schließlich die Kinder erziehen und auch die, im Schützenwesen gelebten Werte, weitervermitteln, in die Zukunft tragen und somit Bestand und Zukunft des Schützenwesen sichern.
Ich begrüße alle Anwesenden herzlich zum 64. Bundesköniginnentag,
es ist mir eine große Ehre, als Schirmherrin auserwählt worden zu sein und heute vor dem Hochamt zu Ihnen sprechen zu dürfen.
Der Bund der historischen Schützen entsprang, wie wir alle wissen, den frühen Bürgerwehren, die sich aus Männern der jeweiligen Gemeinden, die es zu schützen galt, zusammensetzten. Der Ausrichter des heutigen Bundesköniginnentages, die St.Sebastianus Schützenbruderschaft, kann in diesen Tagen auf eine Entstehungsgeschichte von mindestens 425 Jahren zurückblicken. Dazu noch einmal herzliche Gratulation.
Die Jahreszahl 1594, liebe Schützenbrüder und Schützenschwestern - unvorstellbar für die meisten von uns auf eine so lange kontinuierliche Vergangenheit zurückzublicken. Meist sind es große Familien, die einen alten Namen tragen, wie die unseres Bundeshochmeisters Dr.Emanuel Prinz zu Salm-Salm oder auch die Familie meines Mannes, Hubertus zu Sayn-Wittgenstein, Ihr Ehrenhochmeister. Bewundernswert, wenn man fast lückenlos auf mehrere hundert Jahre Familiengeschichte schauen kann.
Doch auch der Bund der historischen Schützen ist eine große Familie mit altem Namen, kann sie doch auf eine sehr lange Historie verweisen. Schon in den Anfängen gab es nicht nur die ehrenamtlichen Schützenbrüder des Bundes, sondern auch ihre Frauen und Kinder.
Im 12. Jhd. aus der Motivation des Schützens entstanden, fanden sich Menschen zusammen um anderen Menschen in ihrer Gesellschaft zu helfen und Dinge des Lebens zu organisieren. Männer und Frauen engagierten sich karitativ. Ebenso aus der Motivation des Schützens heraus, fanden sich freiwillige Männer, die sich zusammentaten um ihre Familien und Ortschaften im Notfall zu verteidigen. Die Frauen standen ihnen unterstützend zur Seite, auch wenn sie nicht selber in den sogenannten Bruderschaften mitwirken konnten. Aufgabenverteilung gab es ja auch damals.
Bis in die heutige Zeit sorgen die Frauen in den Bruderschaften dafür, dass Tradition weiterlebt. Sie geben diese Haltung an ihre Kinder weiter, denn es sind immer noch meist Frauen, die ihre Kinder erziehen, beschützen und ihnen durch ihr Mitwirken in den Bruderschaften zeigen, dass es schützenswerte Strukturen gibt, die das Miteinander im Leben vereinfachen und bereichern.
Für viele Außenstehende sieht es so aus, dass die Bruderschaften eine reine Männerdomäne sind. Wenn überhaupt organisieren die Frauen das Drumherum der Festivitäten, Kaffee kochen, Kuchen backen, die Räume schmücken...und vielleicht selber als schmückende Begleitung ihrer Männer auftreten. Das denken viele, die sich nicht tiefer mit dem Schützenwesen beschäftigen.
Doch verehrte Anwesende, Sie wissen, dass viel mehr dahinter steckt.
Mit der Haltung „organisatorische Aufgaben zu erledigen, weil es jemand ja tun muss“ hätten die Bruderschaften keine 10 Jahre, geschweige denn bis Heute überlebt.
Dazu gehört schon mehr - dazu gehört vor Allem ein Gefühl! Mitwirken wollen aus Überzeugung - etwas für alle tun.
Und - es gehört Herz dazu, das Erbe einer Kultur wie das Schützenwesen hochzuhalten - es gehört Glaube dazu, etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft zu tun und das mit Gottes Segen, es gehört Nächstenliebe dazu, wie uns Jesus Christus gelehrt hat und es gehört Mut dazu, in der Öffentlichkeit dafür zu stehen in Zeiten, in denen viele die Bruderschaften als überholt oder rein folkloristisch betrachten.
Ich habe die letzten Tage Ihr Zusammengehörigkeitsgefühl spüren dürfen, liebe Schützenfrauen.
Ich habe das Leuchten in Ihren Augen gesehen und es war ansteckend, mein Herz ist berührt.
Das, was Sie hier das ganze Jahr über leisten, das macht man nicht nur, „weil es ja getan werden muss“. Sie, sind überzeugt von dem was Sie tun und das strahlen Sie zum Glück auch aus und ich hoffe, dass Sie noch viel mehr junge Menschen, Töchter und Söhne erreichen, den Funken in ihnen entzünden, damit auch sie für ihre Kulturgeschichte brennen.
Es braucht viel mehr solcher Besinnung auf unsere Wurzeln, um das Gute, was Menschen in der Vergangenheit hervorbrachten ins Heute zu transportieren. Wir brauchen wieder mehr Miteinander, mehr Voneinander lernen, mehr Austausch mit unseren Mitmenschen.
In unseren Städten wächst die Vereinsamung von Menschen, weil das Interesse füreinander fehlt. Die Hektik und der Berufsstress haben uns voll im Griff. Sicher sind auch Sie, liebe Schützenfrauen nicht gefeit davor. Viele von Ihnen sind berufstätig u n d haben Ihre Familien zu versorgen. Trotzdem investieren Sie Ihre Zeit in die Bruderschaft. Sie schließen sich mit anderen Frauen aus ihren Vereinen zusammen, kümmern sich und fassen mit an, einige von Ihnen schießen ja auch mit, wenn es die Satzung möglich macht.
Viele Menschen reden davon, mehr machen zu müssen, sich mehr einbringen zu müssen.
Sie, liebe Schützenfrauen reden nicht nur davon, Sie leben das hier - in Ihren Stadtvierteln, Diözesen und im Bund! Sie machen - setzen um und laden ein mit weitem Herz.
Sie haben Spaß daran Gastgeber zu sein und sind neugierig auf die Gäste. Ich habe hier Menschen verschiedener Abstammungen gesehen, die miteinander feiern. Unsere christlichen Werte leiten uns andere zu respektieren und tolerant anderen gegenüber zu sein. Toleranz ist jedoch nicht gleichzusetzen mit Beliebigkeit. Jeder, der hier bei Ihnen mitmachen will erfährt Respekt, aber Sie haben auch das Recht den Respekt umgekehrt einzufordern.
Denn die Bruderschaften sind verbunden mit der christlichen Kirche. Jeder, der bei Ihnen mitwirken möchte, muss sich dessen bewusst sein und den Respekt dafür mitbringen.
Die Bruderschaften sind keine geschlossenen Gesellschaften in die man nicht hineinkommt.
Immerhin stehe ich als Paradebeispiel vor Ihnen, vor einigen Jahrzehnten in der Türkei geboren, haben Sie mir heute die Ehre erteilt Ihre Schirmherrin sein zu dürfen.
Ich stamme aus einem Land, in dem es nicht selbstverständlich war und leider auch heute wieder nicht ist, Frauen gleich und gerecht zu behandeln. Arbeiten die Frauen machen müssen, werden in solchen Ländern als selbstverständlich angesehen - Frauen sollten keine Meinung haben und sich dem Willen der Männer beugen.
Sie, liebe Schützenbrüder, ehren seit 1956 Ihre Frauen mit diesem Tag der Bundesköniginnen. Damit setzen Sie ein Zeichen des Respekts und der Würdigung für Ihre Frauen, ohne deren Zustimmung und Unterstützung das Schützenwesen auseinanderfallen würde.
Liebe Schützenfrauen, Sie zeigen wahre Größe, indem Sie die Bruderschaften bedingungslos unterstützen, obwohl Sie nicht immer in der ersten Reihe stehen. Sie schaffen von hinten die Kulissen, ohne Sie wäre die Bühne nackt! Gemeinsam mit den Schützen sind Sie ebenfalls „Schützende“, aber vielmehr noch sind Sie aktive Bewahrerinnen von „Glaube-Sitte-Heimat“. In ihren Vereinen sind Sie beheimatet und schaffen Heimat!
Diesen Festtag der Bundeköniginnen haben Sie sich redlich verdient. Nur eine von Ihnen wird jedes Jahr Bundeskönigin - doch diese Eine steht für alle die anderen Frauen, die mit genau soviel Herz und Blut in den Bruderschaften mitwirken. Im Übrigen bin ich mir sicher - für jeden einzelnen Schützen ist dessen Frau auch seine Königin.
Und damit wünsche ich Ihnen und allen Anwesenden einen gesegneten Bundesköniginnentag
Sema Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein
Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS e.V.) ist der 1928 gegründete Dachverband und anerkannte katholische Verband für rund 1.300 Bruderschaften mit einer rund 400.000-köpfigen Schützenfamilie in den sechs Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster, Paderborn und Trier. Das Schützenwesen ist seit 2011 von der deutschen UNESCO-Kommission als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Der BHDS ist ebenfalls Mitglied der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen (EGS).